Die Tiefe über Positivität – Eine philosophische Lebensbetrachtung
Jetzt sitze ich hier und schreibe diese Zeilen. Das mache ich öfter. Ich habe das Gefühl, dass mir das hilft, meine Gedanken und Empfindungen zu sortieren, davon habe ich nämlich unglaublich viele. Und während ich diese Zeilen schreibe, schießen mir tausend Dinge durch den Kopf, von denen ich nicht weiß, wie ich sie in Worte fassen soll. Manchmal mag ich diesen Zustand, manchmal bin ich stolz darauf, dass ich so bin und so denke. So vielschichtig und komplex. Aber es ist auch ziemlich anstrengend und bringt mich in so einen „Blues“ hinein, den man psychologisch gesehen hin und wieder, auch als depressiv bezeichnen könnte. Ich nenne es Melancholie, und ich mag dieses Gefühl ganz gerne, das melancholische Sein.
Häufig fühle ich mich damit aber alleine.
In der Art und Weise, wie ich die Welt und die Gefühle wahrnehme, fühle ich mich häufig allein. Manchmal mache ich mir auch Sorgen darum, ob meine Wahrnehmung eine gute ist. Denn sie bringt mich in eine Einsamkeit, mit der ich mich in diesen Momenten auseinandersetzen muss. Muss, weil ich es in diesen Momenten als Belastung erlebe, allein mit meinen Gedanken zu sein. Doch meistens blicke ich sehr offen auf meine Gedanken. Vollkommen teilen kann ich sie mit niemandem, und das hat viele Gründe. Zum einen erlebe ich sie sehr intensiv, zum anderen gibt es aber auch Dinge in meinem Leben, über die ich mit anderen nicht reden möchte … oder kann, weil sie zu schwer oder persönlich sind. Sie sind ein Teil meiner Geschichte. Doch jetzt geht es vielmehr um die inneren Empfindungen und Erlebnisse und darum, wie ich damit umgehe.
Ich erinnere mich, dass ich früher viel mit Ängsten zu tun hatte. Dieses Gefühl war für mich sehr bedrohlich und verunsichernd. Damals schrieb ich einen Abschiedsbrief an meine Angst. Es war, als würde ich die Angst loslassen. Heute denke ich, dass ich ganz schön resistent bin, viel geschafft habe und viel aushalte. Aber ich frage mich auch noch, führe ich ein gutes Leben? Zweifel gehören anscheinend zum Leben. Umso wichtiger ist es für mich, eine Überzeugung fest in meinem Leben zu integrieren:
ICH BIN ICH.
Das möchte ich nicht einfach so über Bord werfen oder ändern müssen. Noch eher würde ich mich verlassen lassen, als mich zu ändern. Das klingt, wenn ich das so schreibe, sehr egoistisch motiviert, doch sind es tiefe Überzeugungen, die ich in mir trage. Stoische, existenzialistische und buddhistische Überzeugungen darüber, dass der Mensch in letzter Instanz, also existenziell, alleine auf dieser Welt ist. Aber auch, dass er die Kraft besitzt, die Freiheiten seines Lebens zu nutzen. Dazu gehört das Bewerten von Situationen; ob diese gut oder schlecht, wichtig oder unwichtig sind; und die Entscheidung darüber, wie er handeln möchte.
Das Leben bedeutet nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen, sondern vor allem auch „Leiden“. Denn die Tatsache, dass das Leben endlich ist, kann unheimlich viel Angst und Leid erzeugen. Existenzielles Leid, weil das, was der Tod bedeutet, nicht greifbar und zutiefst unsicher ist.
In diesem Gedanken spiegelt sich für mich das ganze Leben, in voller Pracht, mit allem, was dazugehört und dem, was es zu bieten hat, was es aus mir macht und wie ich mit all dem Gegebenen, das auf einmal so klein erscheint, umgehen möchte. Ich fühle mich mit dieser Betrachtung des Lebens oft alleine. Es fehlt in meinem Umfeld an Menschen, die diese Tiefe teilen. Sicher gibt es sie, auch in meinem Umfeld, aber das Gespräch darüber finde ich nicht. Ich bin zu langatmig darüber zu reden, das „knockt“ viele aus, nach meinem Empfinden. Und dazu kommt, dass ich mich als sehr rücksichtsvollen Menschen beschreiben würde, der auch niemanden in diese Gedanken einspielen will. Denn sie sind schwer und leidvoll. Ich sehe meine Pflicht mittlerweile darin, mit all meinem Empfindungen und vielleicht kann man es auch „Wissen“ nennen, andere Menschen zu unterstützen, ihnen Möglichkeiten zu zeigen, mit ihrem Empfinden umgehen zu können.
Das geschieht sowohl in meiner Arbeit, in meinen privaten Projekten, in meiner mir unheimlich wichtigen Beziehung zu meinem Mann, in Beziehung zu mir nahestehenden Menschen, in Beziehung zu meiner Familie und in meinem allgemeinen, alltäglichen gesellschaftlichen Beitrag. Wenn ich diese Bereiche in ihrer Gesamtheit betrachte, sind sie alle gleichwertig, kein Mensch und kein Anteil ist wertvoller. Doch manche davon sind mir näher und daher bedeutender für mein Leben und dem, wie ich mich fühle. Gleichzeitig wohnt in mir das tiefe Gefühl, dass nichts von dem unmittelbar in meiner Hand liegt oder beeinflussbar ist. Und vor allem, dass kein Mensch und keiner der Anteile verlässlich ist, verlässlich im Sinne von dauerhaft.
Seit mindestens zehn Jahren praktiziere ich eine minimalistische Lebensweise, auch meine Gegenstände betreffend. Ich habe beim Einzug in meine Wohnung – ja ich lebe alleine, trotz Ehemann – meine Gegenstände gezählt, einfach so, das hat mir Spaß gemacht. Es waren knapp 500 Gegenstände, die ich zum Leben brauche. Natürlich sind es mittlerweile mehr und ich lege auch keinen Wert darauf, dass es möglichst wenig sind. Minimalismus bedeutet für mich, sich dem bewusst zu sein, was man hat. Und mal ganz weg von dem was man an Materiellen besitzt, geht es mir dabei viel mehr um das, was ICH besitze, also wirklich besitze. Das sind in Deutschland im Durschnitt 78,5 Lebensjahre für einen Mann, laut Statistischen Bundesamt. Verrückt, nicht wahr? Denn selbst diese Zahl ist nicht verlässlich. Also was besitzen Menschen wirklich?
„Ich glaube, dass der Mensch einzig und allein im Besitzt seiner eignen Gedanken ist, … mehr nicht.“
Und es ist nicht leicht, sich mit diesen Gedanken anzufreunden, im doppelten Sinne: Dem Gedanken, dass es nur die Gedanken sind, die ein Mensch wirklich besitzt und dem, dass selbst dieser Gedanke nur ein Gedanke ist. Für mich stecken in dieser Sichtweise ungeahnte Potenziale. Denn wenn unsere Gedanken das Einzige sind, was ein Mensch wirklich besitzt, verbinden sie uns in einer so starken und besonderen Weise, dass daraus Großes entstehen kann: Jeder Mensch ist einzigartig. Einzigartig an Emotionen und Empfindungen.
Du bist einzigartig! Du bist gut, so wie du bist.
Und während ich meine Gedanken der Einzigkeit mit dir teile, hoffe ich, dass sie etwas berühren. Oft fällt es mir schwer, diese Einzigartigkeit im Alltag zu erleben und zu leben, denn Skepsis und auch Angst dominieren die breite Gesellschaft. Es ist schwer mir treu zu sein. Denn bei mir ist es so: Genau wegen dieser Gedanken der Einzigartigkeit erlebe ich Positivität. Positivität in dem, was ich tue, wie ich bin und wie ich sein möchte. Ich erlebe das Gefühl von Einfluss, in dem was ich tue und wie ich es tue. Ich setze meine Energie gerne für andere Menschen ein und das meistens ohne Gegenleistung und im Vertrauen darauf, dass ich es einfach tun kann. Ich liebe es, anderen Menschen eine Freude oder kleine Geschenke zu machen, im Vertrauen darauf, dass sich mein Karma bemerkbar macht. Ja, es handelt sich auch um materielle Geschenke, im Vertrauen darauf, dass andere Menschen diese als Wertschätzung ihrer Persönlichkeit erleben. Jeder Mensch hat Positivität verdient. Ich sehe keinen Grund dafür, sparsam zu sein.
Pessimismus ist für mich Zeitverschwendung.
Positivität bedeutet für mich Mitgefühl. Mitfühlend mit anderen Menschen zu sein ist gewinnbringend. Doch beginnt Mitgefühl damit, sich selbst und seine eigenen Gedanken und der eigenen Endlichkeit, mitfühlend entgegenzuschauen. Wie anfänglich erwähnt, habe ich damals meinen Ängsten einen Abschiedsbrief geschrieben und ihnen damit einen Raum in meinem Leben gegeben, der ihnen gebührt, eine Art Kondolenz.
Ich merke, dass meine Kräfte schwinden, während ich diesen Text schreibe. Es kostet Kraft, Gedanken an das Leben zu schreiben. Doch ich hoffe, dass diese Ge- danken etwas in Bewegung setzen, den ein oder anderen positiven Moment, das ein oder andere positive Erlebnis. Dieser Text ist eine Einladung zur Positivität, lebe und erlebe sie. Wenn du bis zum Ende dieses Textes angekommen bist, würde ich mich über eine positive Rückmeldung freuen. Anderenfalls: Ich begegne auch dem Negativen positiv.
Was ich euch gerne mitgeben möchte:
Positivität bedeutet, Dinge zu sehen, die andere ausblenden.
Das Teilen von Gedanken ist das großzügigste was wir tun können.
Was der Mensch braucht:
Die Liebe für eine ungewisse Zukunft.
Euer Andreas