Einleitung
Heutzutage zeigen sich Beratungsangebote in einer außergewöhnlichen Vielfalt. Über Jahrzehnte hin- weg trugen psychologische und sozialwissenschaftliche Disziplinen zur Entwicklung des Beratungsverständnisses bei und haben sich dabei nur teilweise aufeinander bezogen. Auch außerhalb der Beratungskonzepte dieser Disziplinen findet sich eine unüberschaubare Breite an Beratungsreflexionen (En- gel et al., 2018, S.84). Ausgehend von den mannigfaltigen Beratungsangeboten, richtet sich der Beratungsbegriff dieser Arbeit nach dem Verständnis der Deutschen Gesellschaft für Beratung (DGfB) sowie den ethischen Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) und ist somit als eine professionalisierte Form zu verstehen (DGSF, 2024).
Beratung kann von einzelnen Personen, von Gruppen oder auch Organisationen in Anspruch genommen werden. Abhängig von den jeweils zu bewältigenden Anforderungen und Problemen, lassen sich verschiedene Beratungsfelder und Beratungsansätze unterscheiden (DGfB, 2020). In dieser Arbeit werden die angeführten Gesprächstechniken im Kontext einer persönlichkeitsorientierten Beratungsrichtung betrachtet. Darunter versteht Niggemeier (2019) Beratung in beruflichen, pädagogischen sowie psychosozial-arbeitsweltlichen Zusammenhängen. Darüber hinaus unterscheidet Niggemeier die organisationsbezogene Beratungsrichtung, die sich auf die Beratung von Organisationen als System, das Management von Organisationen sowie arbeitsweltbezogene Beratungen konzentriert (S. 6). Beide Beratungsrichtungen sind dabei nicht getrennt voneinander zu betrachten, sondern vielmehr als ein umfassendes Beratungsverständnis, in dem sowohl Einzelpersonen als auch Systeme oder bestimmte soziale Gruppen wie Familie, Arbeitsgruppen oder Arbeitsabteilungen mit Problemen konfrontiert werden und einer Beratung bedürfen (Niggemeier, 2019, S. 12). Die dargestellte Einteilung verdeutlicht exemplarisch den Zusammenhang zwischen Einzelpersonen in ihren individuellen Lebensbereichen und deren Einbindung in Gruppen und organisierte Systeme, wie etwa am Arbeitsplatz. Über viele Jahre haben sich diese Verflechtungen durch grundlegende gesellschaftliche Wandlungen verstärkt und wurden von technologischen Entwicklungen, Krisen und neuen Möglichkeiten maßgeblich beeinflusst. Leben und Arbeiten, sofern diese Bereiche getrennt voneinander sind, wurden dadurch zunehmend vielschichtiger und komplexer. Neue oder veränderte Anforderungen werden an das Individuum herangetragen, die einerseits zu mehr Wahlmöglichkeiten führen, jedoch auch Entscheidungen und somit mehr Verantwortung mit sich bringen (Lerch & Weitzel, 2024, S. 48). Professionelle Beratung soll dazu beitragen, den Ratsuchenden angemessen in deren Individualität, Selbstreflexionsfähigkeit, Verantwortlichkeit, Teilhabe und Selbstbestimmtheit zu fördern. Der individuelle Spielraum soll durch die Eröffnung neuer Sichtweisen und Handlungsspielräume erweitert werden. Beratende orientieren sich dabei ausschließlich an den Zielen der Ratsuchenden, wobei davon auszugehen ist, dass diese Ziele zu Beginn des Prozesses erst zu erarbeiten sind (Kämpfe, 2019, S. 254). Beratung ist ein zielgerichteter und zugleich offener und dynamischer Prozess. Es existieren verschiedene theoretische Modelle, die den Beratungsablauf strukturieren, jedoch lässt sich die praktische Umsetzung nicht auf ein allgemeingültiges Schema reduzieren. Professionelle Berater und Beraterinnen bedienen sich an diesen Modellen und teilen den Beratungsprozess in Phasen, mit unterschiedlichen Beratungszielen ein (Kämpfe, 2019, S. 255-256).
Um den Prozess der Beratung im Sinne der Ratsuchenden zu gestalten, verfügen Beraterpersönlichkeiten über entsprechende fachliche, soziale, methodische und selbstreflexive Kompetenzen (Kämpfe, 2019, S. 256). Ausschlaggebend für eine erfolgreiche Beratung, neben den bis hierhin genannten Aspekten und Kompetenzen, ist eine tragfähige Beziehung zwischen ratsuchender und beratender Person. Die Gestaltung einer Beratungsbeziehung ist nach Fuhr (2003, S.32) der wichtigste, aber auch schwierigste Moment im Prozess einer Beratung. In einer Beratungssituation wird die Beziehung zwischen den Akteuren meist nicht explizit er- oder bearbeitet. Sie fungiert jedoch als ein wichtiges Hintergrundphänomen, welches sich bedeutsam auf die Kommunikation und den Kontakt auswirkt (Fuhr, 2003, S. 34-35).
Im nächsten Abschnitt wird erläutert, inwieweit sich die Personenzentrierte Gesprächsführung und die Motivierende Gesprächsführung in der Beratungsbeziehung sowie in ihren Grundprinzipien und methodischen Grundlagen unterscheiden. Darauf folgt eine differenzierte Betrachtung ihrer Vor- und Nachteile sowie eine Betrachtung ihrer Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Am Ende der Arbeit werden die gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst und mit einem abschließenden Urteil abgerundet.
Theoretische Grundlagen
Dieses Kapitel beschreibt die theoretischen Hintergründe der Klientenzentrierten Gesprächsführung nach Rogers und der Motivierenden Gesprächsführung von Miller und Rollnick. Es umfasst grundlegenden Prinzipien, die beraterische Grundhaltung sowie die methodischen Grundlagen und Ziele beider Gesprächstechniken.
Klientenzentrierte Gesprächsführung nach Rogers
Die Klientenzentrierte Gesprächsführung (KZG) wurde von Carl Rogers (1902-1987) begründet und ist bis heute eine der bedeutendsten Ansätze in der Psychotherapie und Beratung. Rogers vertrat die Annahme, dass Menschen ein Selbstkonzept entwickeln und das Bedürfnis nach dessen Anerkennung, Wachstum und Selbstverwirklichung haben. Wichtig sei dabei, so Rogers, dass das innere Selbstkonzept mit dem Erleben in der Außenwelt übereinstimmt, also kongruent ist. Hierfür bedarf es der Anerkennung durch sich selbst und anderer Personen, insbesondere dann, wenn eine Person das Gefühl hat, bestimmte Verpflichtungen oder Bedingungen erfüllen zu müssen, um akzeptiert zu werden, die im Widerspruch zum eigenen Selbstkonzept stehen (Gerrig, 2018, S. 524-525).
Die Theorie der KZG geht davon aus, dass emotionale Probleme und psychische Auffälligkeiten aus ungünstigen Beziehungserfahrungen hervorgehen, während sich umgekehrt bestimmte Arten von Beziehungen gesundend auf den Menschen auswirken. Der beraterische Schwerpunkt sollte demnach darauf liegen, das Verhalten der Ratsuchenden nicht als angemessen oder unangemessen zu bewerten, sondern es ohne direktes methodisches Eingreifen, also non-direktiv, zu akzeptieren (Schuster, 2020, S. 48). Diese wertfreie Herangehensweise soll zu einer professionellen Beratungsbeziehung bei- tragen, die durch bestimmte, von Rogers formulierte Merkmale gekennzeichnet ist und mithilfe weiterer Techniken entstehen kann (Weinberger, 2013, S. 31). Das Schaffen einer tragfähigen und förderlichen Beratungsbeziehung ist nach dem Konzept von Rogers möglich durch Basisvariablen wie bedingungslose positive Wertschätzung, Empathie und Echtheit/Kongruenz (Rogers, 1993, zitiert nach Fischer, 2021, S.56). Durch die Umsetzung dieser Variablen entsteht ein Prozess, in dem sich Ratsuchende zunehmend ihrer eigenen Gefühle und Erfahrungen bewusst werden. Dabei entdecken sie die Fähigkeit, ihr eigenes Entwicklungspotential zu aktivieren, um sich konstruktiv mit Problemen auseinanderzusetzen und die Inkongruenz zwischen ihrem Selbstkonzept und ihrem Erleben in der Außenwelt in Einklang zu bringen (Weinberger, 2013, S. 31).
Rogers entwickelte seine Ansätze stets weiter und koppelte seine Forschungen an die eigene Beratungstätigkeit und Psychotherapie. Durch seine Theorien der Persönlichkeit, der zwischenmenschlichen Beziehungen und der Störungslehre prägte er das humanistische Menschenbild und zählt zu den Gründervätern der humanistischen Psychologie. Die Annahme der humanistischen Psychologie ist: Jeder Mensch ist Experte für seine Probleme und für seine Lösungen. Jedem Menschen wird ein Streben nach innerem Sinn zugesprochen, welcher sie zur Umsetzung und Entwicklung ihrer individuellen Fähigkeiten antreibt (Hellwig, 2020, S. 8). In der humanistischen Psychologie und nach Rogers handelt es sich hierbei um die sogenannte Aktualisierungstendenz. Sie wird als eine im Organismus jedes Menschen innewohnende Kraft bezeichnet, die zur Entwicklung aller geistigen, seelischen und körperlichen Möglichkeiten beiträgt. Ein inneres Motivationssystem, das dafür sorgt, dass Menschen sich aus sich selbst heraus entwickeln, mit all ihren Möglichkeiten und Ressourcen (Hellwig, 2020, S. 17-18).
Straumann (2007) fasst zusammen: Im Mittelpunkt der KZG stehen Erfahrungen, Erlebenszusammenhänge und Entwicklungen in Bezug auf die eigene Persönlichkeit, zwischenmenschlichen Beziehungen sowie die verändernden Verhältnisse von Ökologie, Technologie, Wissenschaft und Staat (S. 641). Die Gesprächstechnik setzt somit an der Schnittstelle Person und Umwelt an und kann als Sozialisationshilfe und Aktivierungshilfe in schwer überschaubaren Situationen, Strukturen und Systemen verstanden werden. Sie stützt personale und soziale Kompetenzen und konzentriert sich auf die ganzheitlichen Entwicklungen und Veränderungen einer Person. Das Ziel dieser Gesprächstechnik ist eine mögliche Erweiterung der erlernbaren, selbst- und sozialverantwortlichen Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten einer Person im Rahmen der multifaktoriellen Lebens- und Arbeitsbedingungen (S.642).
Beraterische Grundhaltung
Um die Aktualisierungstendenz einer Person zu aktivieren, bedarf es laut Rogers eines guten Beratungsklimas (Rogers, 1991, zitiert nach Stimmer, 2020, S. 237). Hierfür ist eine förderliche Beratungsbeziehung notwendig, die durch die beraterische Grundhaltung entstehen kann und von Empathie, unbedingte Wertschätzung und Kongruenz geprägt ist (Rogers, 1985, zitiert nach Stimmer, 2020, S. 237- 238).
Unter Empathie versteht Altmann (2015) die Fähigkeit, vermutete Emotionen einer anderen Person kognitiv zu verstehen und affektiv nachempfinden zu können (S. 7-8). Mit affektivem Nachempfinden ist gemeint, den inneren Bezugsrahmen einer Person möglichst exakt, mit allen Bedeutungen und emotionalen Komponenten wahrzunehmen, fast so, als wäre man die andere Person, jedoch ohne die eigene Position aufzugeben (Rogers, 1959, zitiert nach Weinberger, 2013, S. 41). Durch diese Grundhaltung soll es der ratsuchenden Person ermöglicht werden, eigenen Empfindungen aus einer gewissen Distanz wahrzunehmen und zu reflektieren. Das innere Erleben kann hierdurch weiter eingeschätzt, differenziert, konkretisiert und mit den eigenen Wünschen und Zielen in Verbindung gebracht werden. Im Mittelpunkt der empathischen Haltung steht keine konkrete methodische Herangehensweise. Vielmehr geht es darum, zu spüren, was in der ratsuchenden Person vorgeht und welche Bedeutung es für sie hat (Weinberger, 2013, S. 41-42).
Mit der unbedingten Wertschätzung ist gemeint, eine Person ohne Vorbedingungen in ihrem Menschsein zu akzeptieren, auch wenn die gezeigten Verhaltensweisen nicht den eigenen Umgangsformen entsprechen. Diese Grundhaltung stärkt das Selbstwertgefühl, vermittelt Sicherheit und fördert somit eine verlässliche Atmosphäre und stabile Beratungsbeziehung, die für einen Veränderungsprozess notwendig ist (Stimmer, 2020, S. 239). Alle Gefühle, ob positiv oder negativ, werden von der beratenden Person bedingungslos angenommen. Das Gegenüber empfindet dadurch kein Bedürfnis, negative Gefühle zu verteidigen und erhält die Gelegenheit, sich selbst authentisch zu verstehen und zu erleben (Rogers, 1972, zitiert nach Weinberger, 2013, S. 61-62). Die unbedingte Wertschätzung ist eng mit der Grundhaltung der Kongruenz verbunden und kann kaum von dieser getrennt werden (Weinberger, 2013, S. 60). Biermann-Ratjen et al. (2003) betonen, dass die unbedingte Wertschätzung von einem echten Verstehen der ratsuchenden Person abhängig ist. Hat die beratende Person Schwierigkeiten, das Gegenüber zu akzeptieren und anzunehmen, signalisiert dies deutlich, dass die Person nicht vollständig verstanden wurde (zitiert nach Weinberger, 2013, S. 63). Folglich ist ein weiteres Einfühlen in die Person notwendig (Weinberger, 2013, S. 63).
Kongruenz kann als Echtheit verstanden werden und meint die Übereinstimmung von Gedanken und Gefühlen mit dem, was verbal oder nonverbal geäußert wird. Kongruent sein bedeutet, dass die beratende Person gegenüber dem Gesprächspartner keine Rolle einnimmt, sondern eigene Gefühle und Einstellungen zunächst bewusst und unverzerrt wahrnimmt und diese dann in einer angemessenen Weise transparent macht (Stimmer, 2020, S. 239). Einer Person gegenüber echt zu sein und ihr als ein um Offenheit bemühter Mensch zu begegnen, ist von grundlegender Bedeutung. Nur so kann sich eine Person vertrauensvoll und ebenso kongruent zu erlebten Gefühlen und Problemen äußern. Ist die Beratungsbeziehung kongruent, kann die ratsuchende Person die ihr entgegengebrachte Wertschätzung annehmen und erleben (Weinberger, 2013, S. 66-67). Kongruenz zeigt sich in einem Gefühl von Sicherheit, das durch den Beratungsprozess, die Beratungsbeziehung und die Rahmenbedingungen beeinflusst wird und sich langsam entwickelt. Eine authentische und kongruente Grundhaltung ist daher ein anzustrebendes Ziel (Schulz von Thun, 2010, zitiert nach Weinberger, 2012, S. 67).
Methodische Grundlagen und Ziele
Die beraterische Grundhaltung mit den Komponenten Empathie, unbedingte Wertschätzung und Kongruenz bildet die Grundlage für den effektiven Einsatz der Gesprächstechniken nach Rogers. Ohne diese Haltung bleibt der Einsatz der Methoden wirkungslos und verhindert ein gelingendes und stimmiges Beratungsgespräch (Büttner & Quindel, 2013, S. 56). Zu den methodischen Grundtechniken der KZG gehören Aktives Zuhören, Paraphrasieren und Verbalisieren (Büttner & Quindel, 2013, S. 52).
Aktives Zuhören ist nach Plate (2021) ein Vorgehen, in dem der ratsuchenden Person mit voller Aufmerksamkeit begegnet wird. Dabei steht ein aktives Anteilnehmen durch nonverbale und paraverbale5 Signale im Vordergrund, wie etwa durch Blickkontakt, Kopfnicken, Lächeln oder kurze bestätigende Lautäußerungen (S. 53). Aktives Zuhören signalisiert Zuwendung, Interesse und die Bereitschaft, sich den Problemen des Gegenübers anzunehmen, wodurch die Beratungsbeziehung gestärkt und Ver- trauen aufgebaut wird (Lammers, 2017, S. 104-105). Gleichzeitig wird die Eigeninitiative der ratsuchenden Person gefördert, indem sie dazu ermutigt wird, Anliegen selbst zu formulieren. Dies entlastet auch die beratende Person, da sie nicht unmittelbar handeln oder Lösungen präsentieren muss (Büttner & Quindel, 2013, S. 108).
Das Paraphrasieren ist, ebenso wie das Verbalisieren, eng mit der Grundhaltung der Empathie verbunden. Zusammengenommen werden diese Methoden auch als Spiegeln bezeichnet (Büttner & Quindel, 2013, S. 57). Unter Paraphrasieren wird das Aufgreifen und Wiedergeben von inhaltlich wichtigen Aus- sagen verstanden. Die beratende Person versucht, das Gesagte der ratsuchenden Person mit eigenen Worten wiederzugeben. Dies sollte inhaltlich neutral und ohne die eigene Sichtweise auf die Problemlage geschehen (Büttner & Quindel, 2013, S. 111). Dieses Spiegeln vermittelt den Gesprächspartnern das Bemühen um Verständnis, wodurch gesagte Inhalte weiterentwickelt und präzisiert werden können (Weinberger, 2013, S. 53). Die ratsuchende Person erhält zudem die Möglichkeit, ihre eigenen Anliegen und Aussagen konkreter wahrzunehmen und auf Missverständnisse zu überprüfen (Büttner & Quindel, 2013, S. 111).
Beim Verbalisieren werden die emotionalen Inhalte hervorgehoben, die sich hinter den Aussagen der ratsuchenden Person verbergen. Hinweise zum emotionalen Empfinden einer Person können durch Körpersprache, Stimmlage oder auch durch die Wortwahl (z.B.: „eigentlich schon.“) gegeben sein. Demnach gilt ein besonderes Augenmerk auf vermutete Gefühle, die eine Person nur indirekt äußert oder zeigt. Das Verbalisieren von emotionalen Inhalten bedarf einer sensiblen Herangehensweise und eigene Interpretationen sollten möglichst vermieden werden. Andernfalls kann es zu Widerständen und emotionalen Gegenreaktionen kommen, die den Beratungsverlauf gefährden (Büttner & Quindel, 2013, S. 112). Verbalisieren ermöglicht es, die mit einer Aussage verbundene Emotionen wahrzunehmen und zu überprüfen. Zusammenhänge zwischen dem inneren Erleben und den äußeren Konflikten oder Schwierigkeiten werden entdeckt. Die intensive Auseinandersetzung mit emotionalen Themen wird ermöglicht (Rogers, 2007, zitiert nach Büttner & Quindel, 2013, S. 112). Besonders nonverbale bzw. paraverbale Indikatoren haben eine wichtige Bedeutung für das verbalisieren von Gefühlen. So lassen sich beispielsweise innere Unsicherheit erkennen, wenn Aussagen der ratsuchenden Person nicht mit der Körpersprache oder der Stimmlage übereinstimmen, also nicht kongruent sind. Diese Widersprüche sollten bemerkt und rückgemeldet werden. Das Benennen dieser unterschiedlichen Botschaften ermöglicht es, beide Aspekte zu erkennen und die unter der Oberfläche liegende Emotionen zu erkennen (Büttner & Quindel, 2013, S. 113).
Wie zu Beginn dieses Kapitels erwähnt, setzt die KZG einen Prozess in Gang, wenn die beschriebenen methodischen Grundlagen im Einklang mit der beraterischen Grundhaltung angewendet werden. Ratsuchende Personen werden sich dabei zunehmend ihrer eigenen Gedanken und Gefühle bewusst, welche ihnen zuvor gar nicht oder nur verzerrt zugänglich waren. Inkongruenzen werden hierdurch abgebaut, Gefühle und Erfahrungen werden schrittweise in das Selbstkonzept integriert, welches sich dadurch allmählich reorganisiert (Weinberger, 2013, S. 31).
Vorteile
Die KZG zeichnet sich besonders durch eine empathische, wertschätzende und kongruente Beratungsbeziehung aus. Diese Haltung wirkt einer schematischen Anwendung von Gesprächstechniken entgegen und ermöglicht eine vertiefte Auseinandersetzung mit den emotionalen Aspekten herausfordernder Themen (Büttner & Quindel, 2013, S. 60). Die beratende Person begleitet diesen Prozess ohne Interpretationen, Ratschläge oder fertige Lösungen vorzugeben. Dies ermöglicht der ratsuchenden Person, ihre eigenen Wege und Betrachtungsweisen zu finden (Weinberger, 2013, S. 35). Mit diesen individuell auf die eigene Situation zugeschnittenen Lösungen bewegt sich die Person folglich innerhalb ihrer Handlungsmöglichkeiten. Dies bietet ihr Sicherheit und Orientierung (Hellwig, 2022, S. 40). Die KZG bietet die Chance, die eigenen Motive und verborgenen Potentiale zu entdecken und zu entfalten (Hell- wig, 2017, S. 83) Die Wirksamkeit der KZG wurde in einigen Studien belegt und von Grawe et al. (1994) in einer Übersichtsarbeit nachgewiesen. Unter den humanistischen Therapieformen, konnte mit 37 verwertbaren Studien, die Gesprächstherapie als wirksam belegt werden (zitiert nach Revenstorf, 2009, S. 298).
Nachteile
Empathie, Wertschätzung und Kongruenz wirken sich positiv auf die Entwicklung einer Person aus, dies gilt bereits als bewiesen. Dennoch erfordert die Gesprächstechnik eine Auseinandersetzung mit diesen Begriffen, da ihre Bedeutungen eher abstrakt sind und das Definieren von Beratungszielen erschweren. Der Ansatz bietet zudem nur begrenzt praktische Hilfestellungen für die ratsuchende Person, Handlungsalternativen zu entwickeln, um die belastenden Situationen im Alltag bewältigen zu können (Büttner & Quindel, 2013, S. 60-61). Beziehungsarbeit bedeutet, einer Person nahe zu sein, wodurch intensive Gefühle entstehen können, die als belastend empfunden werden können. Die Verantwortung für das Gelingen einer guten Beratungsbeziehung kann großen Druck auslösen. Die beraterische Grundhaltung kann besonders anfänglich das Gefühl hervorrufen, sich selbst als Berater oder Beraterin verleugnen zu müssen, da sie den Eindruck vermitteln, für alles Verständnis aufbringen zu müssen, auch wenn man keines hat. Auch Zurückweisungen oder verschlossenes Verhalten einer ratsuchenden Person können als verletzend empfunden werden. Die KZG erfordert somit eine Auseinandersetzung mit den Schwierigkeiten, die in der Beratungstätigkeit und ohne Vorerfahrung auftreten können (Weinberger, 2013, S. 180-181). Für eine kongruente Haltung ist es zudem erforderlich, eigene Einstellungen und Wertvorstellungen zu hinterfragen, um zu verstehen, weshalb man manchen Sichtweisen und Haltungen ablehnend begegnet. Diese Ablehnungen, so Weinberger (2013), können nicht mit einer einfachen Wortwahl überspielt werden. Ratsuchende Personen werden diese Unaufrichtigkeiten mit hoher Wahrscheinlichkeit spüren (S. 187).
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